Air Berlin-Insolvenz: Was Aktionäre jetzt beachten müssen

Aug 18, 2017 (0) comment

Lange wurde darüber spekuliert, vor wenigen Tagen ist der schlimmste Fall tatsächlich eingetreten: Air Berlin hat Insolvenz angemeldet. Schnell musste entschieden werden, wie es mit der Fluggesellschaft weitergeht. Um den geregelten Flugverkehr nicht langfristig zu stören und um Passagiere nicht im Stich zu lassen, musste der Staat eingreifen.  Die Bundesregierung gewährt Air Berlin einen 150 Millionen schweren Übergangskredit.

Die Pleite kommt nicht überraschend

Air Berlin hatte schon länger finanzielle Probleme. Doch nachdem der Großaktionär Etihad Airways, der immerhin einen beinah 30 prozentigen Anteil an der deutschen Fluggesellschaft hält, seine finanzielle Unterstützung zurückzog, war eine Insolvenzmeldung unumgänglich. Überraschend kam der Rückzug der arabischen Geldgeber nicht, denn nachdem auch sie einen Jahresverlust in Milliardenhöhe einstecken mussten, war Sparen angesagt.

Auch das zu schnelle Wachstum nach der Umwandlung von einer amerikanischen in eine deutsche Fluggesellschaft war bezeichnend. Auf eine klare Positionierung wurde verzichtet, denn man wollte alles sein: Ein Ferienflieger, ein Billigflieger und dann auch noch ein Netzwerkcarrier, welcher der großen Lufthansa Konkurrenz machen sollte. Eindeutig zu viel des Guten. Der lukrative Verkehr Richtung Asien und den USA wurde schnell von den eigenen Partnern streitig gemacht und der bis heute nicht in Betrieb gesetzte Flughafen BER in Schönefeld sind weitere Gründe für die Pleite.

Der Air Berlin-Börsengang 2006 entwickelte sich im Endeffekt zu einer katastrophalen Talfahrt, der rund 94 Prozent des eingesetzten Kapitals vernichtete.

Rettung durch Bund – Aber wie lange reicht das Geld?

Bereits vor der offiziellen Insolvenzankündigung wurde ein groß angelegtes Rettungspaket für Air Berlin geschnürt. Es entstand der Plan, den Air Berlin-Betrieb mit Hilfe eines 150 Millionen Kredits der staatlichen Förderbank KfW, weiterzuführen. Von diesem profitiert nicht nur die Fluggesellschaft selbst, sondern auch zigtausende Fluggäste und nicht zu vergessen – der frühere Rivale: die Lufthansa. Laut Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries allerdings sichert der Kredit den Flugbetrieb lediglich für weitere drei Monate.

Die Air Berlin Aktie fiel seit der Bekanntgabe der Insolvenz jedenfalls von etwa 0,76 auf rund 0,45 Euro. Anleger wollen mittlerweile nur mehr retten, was zu retten ist.

Die Aktie der Air Berlin

Lufthansa größter Gewinner der Air Berlin Krise

Profiteur der Air Berlin-Pleite ist vor allem die Lufthansa. Schon jetzt fliegen 38 Mittelstreckenjets von Air Berlin für die Billiglinie Eurowings und die österreichische Lufthansa-Tochter Austrian Airlines. Die Verhandlungen über eine großteilige Übernahme laufen, allerdings muss vorher noch das Problem der Nettoschulden von Air Berlin in Höhe von 1,2 Milliarden Euro gelöst werden.

Während nach einer langfristigen Lösung für die Krise gesucht wird, schießt die Aktie der Lufthansa weiter nach oben. Mit einem Plus von fast 70 Prozent in diesem Jahr ist sie bislang die beste Dax-Aktie.  Dementsprechend aktiv wird die Lufthansa-Aktie gehandelt. Kein Wunder also, dass die Aktie bereits seit Monaten als Basiswert für Zertifikate und Hebelpapiere gerne gesucht wird.

Die Lufthansa profitiert allerdings nicht nur von der Air Berlin Insolvenz oder der aktuellen Konsolidierung der Luftfahrtbranche, sondern auch vom momentan niedrigen Ölpreis. Doch trotz des rasanten Kursanstiegs ist ihr KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) für 2018 von 6,4 nur die zweitniedrigste bewertete Aktie im Dax. An erster Stelle liegt noch immer Volkswagen mit einem KGV von 5,1.

Die Verlierer und ihre Angst vor einem Lufthansa-Monopol

Die Lufthansa-Aktien steigen und die Stimmen ausländischer Konkurrenten, die ein Machtmonopol der Lufthansa fürchten, werden immer lauter. So behauptet die irische Billigfluglinie Ryanair, dass durch eine Übernahme der Lufthansa von Air Berlin Kartellrechte gebrochen werden.

Sollte die Lufthansa Betriebsteile der Air Berlin übernehmen, besteht auf bestimmten Flugstrecken die Gefahr eines schwächeren Wettbewerbs. Wenn die Lufthansa rund 80 Prozent der Slots auf den drei größten deutschen Flughäfen Berlin, München und Frankfurt kontrollieren würde, führe dies letztendlich zu erheblichen Schäden beim Verbraucher und die Monopol-Airline könne die Flugpreise diktieren. Eine Gefahr, die die Bundesregierung womöglich durchwinken wird.

Doch wo es Gewinner gibt, gibt es meist auch eindeutige Verlierer. In einer dramatischen Lage befindet sich bspw. die Dortmunder Luftfahrtgesellschaft Walter (LGW), die erst im Frühjahr von Air Berlin komplett übernommen wurde. Die Lufthansa hat bereits anmerken lassen, dass sie kein Interesse an der LGW haben.

Was bedeutet die Insolvenz für Fluggäste?

Der Betrieb der nächsten Wochen ist gesichert, Flugpläne und Tickets bleiben somit weiterhin gültig. Wer seinen Air Berlin-Flug mittels eines Reiseveranstalters gebucht hat, ist über diesen auch im Fall einer Insolvenz versichert.  Reiseberater empfehlen Air Berlin Kunden ihre Bonusmeilen so schnell wie möglich einzulösen.  Denn eine Garantie für ihre Gültigkeit beim übernehmenden Unternehmen gibt es leider nicht.

Wohin geht die Reise? Die Hürden der nächsten Monate

Tatsache ist, dass Air Berlin alleine nicht überlebensfähig ist. Das Kreditbudget der Bundesregierung reicht nur für maximal drei Monate und bis dahin muss eine Lösung gefunden werden. Doch sowohl die Regierung als auch Air Berlin Chef Thomas Winkelmann zeigen sich zuversichtlich. So soll der Verkauf bereits in wenigen Wochen unter Dach und Fach sein. Denn Interessenten für die bestehende Flotte gibt es allemal. Neben der Lufthansa haben auch der britische Billigflieger Easyjet und Reisekonzern TUI Tochter TUIfly ihr Interesse bekundet. Der Markenname Air Berlin wird allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erhalten bleiben.

Zudem galt Air Berlin als wichtigster Nutzer des künftigen Flughafens BER. Die Fluggesellschaft wollte dort ihr Hauptdrehkreuz etablieren, weshalb der Wegfall der Airline bestimmt auch den krisenbetuchten Flughafen in Schönberg treffen wird.

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